Verlag für Kindertheater

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Jugendtheater

Spiel Zigeunistan

von Christiane Richers

Monolog / Klassenzimmerstück

Wolkly schwänzt die Schule. Es reicht ihm, er wird nicht mehr hingehen! Er gibt sich ja Mühe, aber er kann es einfach nicht. Sobald er nur die Schule betritt, wird sein Kopf leer. Wolkly spielt Brahms auswendig, aber selbst im Musikunterricht versagt er. Schule, das ist eben nichts für einen Sinti, das hat er früh gelernt. Die meisten seiner zahlreichen Verwandten sind Schulabbrecher. Und folgerichtig sind sie auch Schieber und Schummler, gewiefte Händler, haben Musik im Blut, sind Nomaden, die nirgends sesshaft werden wollen... In Wolklys Pass steht der Name Thomas. Seine Familie wohnt seit Generationen im gleichen Hamburger Stadtteil. Aber bei allen gilt er als Sinti, als Nomade, nicht als Deutscher. Wie also kann sich ein Junge zurechtfinden, der nicht zur Mehrheit gehört, dessen Minderheit aber aus der Not eine Tugend gemacht hat und in traditionellen Strukturen verharrt? Strukturen, die Wolkly mindestens so einengen, wie sie ihm die einzige Geborgenheit geben, die er kennt. Wolkly träumt davon, frei zu sein - frei vom Trauma des Nationalsozialismus, von dem seine Familie noch geprägt ist, frei von den deutschen Zwängen einerseits und der Überwachung durch den Klan andererseits. Wie würde seine Welt, sein Zigeunistan, aussehen, wenn er wählen könnte? Sein Onkel Letscho, der ihn suchen geht, erzählt eine andere Geschichte. Er will nicht ausbrechen, er will vielmehr dafür sorgen, dass die Jugendlichen der Siedlung einen Schulabschluss bekommen, damit sie in Deutschland endlich die gleichen Chancen haben.
Das biografisch-fiktive Theaterstück über Wolkly und Letscho basiert auf Gesprächen mit Angehörigen der in Hamburg lebenden Familie Weiss. Christiane Richers zitiert in ihrem Stück die Klischees und Vorurteile, ohne sie zu bedienen oder zu verfestigen. Sie lässt ihre Figuren nach Identität suchen, ohne dabei zu verhehlen, was Identität eben immer auch bedeutet: ein rigides Ein- und Ausschlussverfahren. Am Ende sitzt Wolkly an der Elbe unter der Autobahnbrücke und spielt Gitarre, ganz für sich und am Wegesrand - vielleicht spielt er dort gerade „Miro djipen“: „My way“.

Besetzung: 1 Herr(en)
Alter: empfohlen ab 14
Uraufführung: Thalia Theater Hamburg, 29.01.2014, Regie: Anton Kurt Krause


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