Der geheimnisvolle Fremde
von Mark Twain
Für die Bühne bearbeitet von Martina van Boxen
"Du hättest uns vorher sagen müssen, was wir anrichten würden ..."
Wir befinden uns im Jahr 1590 im verschlafenen Ort "Eselsdorf", in dem Theodor, Nikolaus und Seppi zu Hause sind. Eines Tages taucht ein Fremder auf, der sich mit den Jugendlichen anfreundet. Er gibt sich als Engel zu erkennen. Sein Name? Satan! Schnell sind die jungen Burschen dem gewinnenden Freund verfallen. Und Satan nutzt ihre Vertrauensseligkeit weidlich aus. Selbst ohne Moral, weil er unfähig zum Bösen sei, verstrickt er die unerfahrenen Jungen in zutiefst amoralische Spiele. Er will ihnen beweisen, dass es nicht weit her ist mit der Moral, auf die sich die Menschen so viel einbilden – und in deren Namen sie doch so viel Unmenschliches anrichten können. Wäre es also zum Beispiel nicht moralischer, einen Freund den baldigen Heldentod sterben, als ihn ein jahrzehntelanges Siechtum erleiden zu lassen? Und wie die Burschen ihm auf den Leim gehen! Mal um Mal lässt er sie Gott spielen und über Leben und Tod entscheiden. Man möchte empört sein über diese teuflische Manipulation. Und doch, tut Satan nicht nur, was die Menschen ihn tun lassen? Führt er sie nicht trefflich vor in ihrer Hybris und Gedankenlosigkeit? Am Ende des peinigenden (Gedanken)Spiels bleibt bestehen, was er in einem der wenigen Momente wahrer Menschenfreundlichkeit, uns allen ins Stammbuch schreibt:
"Ob der Tag jemals kommen wird, an dem ihr Menschen endlich die Abwegigkeit eurer eigenen Unreife erkennt und darüber lachen könnt und sie dadurch zunichte macht? Denn bei all eurer Armseligkeit verfügt ihr zumindest über eine wirklich brauchbare Waffe – die Fähigkeit zu lachen. Macht, Geld, Glauben, diese ganze Hetze, diese Ignoranz – all das hat sich inzwischen zu einem gewaltigen Falschspiel entwickelt – ihr könnt es zwar ein wenig eindämmen, ein wenig ins Wanken bringen, aber zerstören, in Nichts auflösen, könnt ihr es nur durch Gelächter."
Martina van Boxen hat diese scharfzüngige Erzählung Mark Twains für ein jugendliches Publikum in Szene gesetzt. Wo die Vorlage zu grausam wird, um sie realistisch darzustellen, lässt sie auf kluge Weise Raum für abstrakte Darstellungsformen wie Tanz und Projektion. Ein gewaltiger Text, der das jugendliches Publikum zu philosophischen Fragen verführen kann.
Besetzung: 2 Dame(n) , 4 Herr(en) , auch größere Besetzung möglich
Alter: empfohlen ab 13
Uraufführung: 29.01.2023, Theaterrevier in Kooperation mit Schauspielhaus Bochum